Samstag, 3. März 2012

Ist Schrödingers Katze tot?

Grenzkontrolle. Ein Zollbeamter bittet Erwin Schrödinger, den Kofferraum seines PKW zu öffnen. Anschließend wendet er sich erneut an den Wissenschaftler und fragt: “Ist Ihnen bewusst, dass sie eine tote Katze im Kofferraum haben?”
“Ja, jetzt wissen wir es, Idiot!”, beschimpft ihn Schrödinger. 
Tatsächlich gelangte die Versuchsanordnung nie zur Ausführung - auch nicht in einem Kofferraum. 

Doch das Szenario würde Tierschützer empören - sofern es sich um ein reales Experiment handelte:
Man stelle sich eine Kiste vor, in die man nicht hineinsehen kann und aus der keine Geräusche nach außen dringen. In dieser Kiste sitzt eine Katze. Sie ist gesund und munter und ahnt nicht, in welch prekärer Lage sie sich befindet.

Denn neben ihr in der Kiste steht ein physikalischer Apparat, der ihren sicheren Tod bedeutet: Ein radioaktives Präparat wird irgendwann in der nächsten Stunde den Zerfall eines Atoms erleben, man weiß nur noch nicht, wann innerhalb dieser nächsten Stunde. Wenn das Atom zerfällt, wird es über einen Geigerzähler einen elektrischen Impuls auslösen, der einen Hammer auf eine Phiole mit Gift fallen läßt. 


Was nun geschieht, bedeutet für die Katze das Ende: Der Hammer zertrümmert die Phiole, das Gift tritt aus und verdampft, die Katze atmet es ein und stirbt sofort.
Nichts von alledem ist von außen zu sehen, zu hören oder zu fühlen. Kein Beobachter wird somit feststellen können, ob der radioaktive Zerfall im Inneren der Kiste schon stattgefunden hat oder noch zu erwarten ist.
(Radioaktive Elemente besitzen die Eigenschaft, dass ihre Atome nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt zerfallen, sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit innerhalb einer bestimmten Zeitspanne.)


Mit anderen Worten: man kann den Zerfall eines bestimmten Atoms nicht zeitlich vorhersagen, sondern nur davon ausgehen, dass er beispielsweise mit großer Sicherheit in der kommenden Stunde eintritt. 

Was bedeutet dies für die Katze in der Kiste? Während der Stunde, in der der Zerfall eintreten wird, kann kein äußerer Beobachter sagen, ob sie noch lebt oder schon tot ist, denn niemand weiß, wann genau das radioaktive Atom zerfällt.
In gewisser Weise sei die Katze also gleichzeitig lebendig und tot oder keines von beiden, sie befinde sich in einem Mischzustand zwischen Leben und Tod. Selbstverständlich könnte man aber zu jedem Zeitpunkt feststellen, ob die Katze noch lebt oder schon tot ist, indem man die Kiste öffnet und hineinschaut. 


Bis dahin aber stirbt das arme Tier nur nach einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Tierschützer können aufatmen: Es handelt sich hier wirklich nur um ein Gedankenexperiment des Physikers Erwin Schrödinger - es praktisch durchzuführen hätte keinerlei Nutzen ...wie schon dargelegt, würde ein Beobachter lediglich einen eindeutigen Status (ob das Kätzchen noch lebt) feststellen können...das ist aber nicht die Intention des Szenarios.
Vielmehr wollte 
Schrödinger ein fiktives Beispiel geben für die Unsicherheiten bzw. Wahrscheinlichkeiten, die unsere gesamte Welt behaftet ist. Schrödinger war einer der Väter der sogenannten Quantenmechanik, einer Wissenschaft, die die Vorgänge im Bereich des Mikrokosmos experimentell ergründen sowie mathematisch beschreiben und deuten will.  

Innerhalb dieser winzigsten Größenskala läuft für uns Unvorstellbares ab: Da können Teilchen gleichzeitig an verschiedenen Orten sein, sie können sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit über Milliarden von Kilometern Informationen austauschen und aufeinander reagieren oder übergangslos von einem Ort zum anderen springen. 
Mit seinem Katzenbild hat Erwin Schrödinger es verstanden, einen außerordentlich komplizierten Gedankengang so populär darzustellen, dass ihn jeder versteht.  

Vielleicht ist dies der Grund, warum seine Katze so berühmt wurde. 2010 wurde "die Katze" 75 Jahre alt – und sie ist noch immer ein anschauliches Beispiel für die Schwierigkeiten, die jede 'präzise', auf unsere wahrnehmbare Umgebung bezogene Deutung der Quantentheorie – jede Deutung, die die Dinge wirklich erklärt – zu überwinden hat.
Trotz der theoretischen Probleme bietet die Quantenmechanik aber eine Beschreibung der realen Welt, die mit unserer Alltagserfahrung gut vereinbar ist. Freilich gilt sie nur für winzigste Abmessungen; sobald man Größenordnungen betrachtet, wie sie in unserer wahrnehmbaren makroskopischen Welt entsprechen, treten die Regeln der Quantenphysik meist nicht mehr in Erscheinung.  

Die Grundidee der Quantenmechanik geht davon aus, dass alles und jedes - sei es ein Teilchen, das Licht oder eine Kraft - in Wirklichkeit ungewiss ist und dass seine Eigenschaften (etwa Aufenthaltsort und Impuls, d.h. 'Geschwindigkeit') nur durch Wahrscheinlichkeiten ausgedrückt werden können. (vgl. "Schrödingers Katze - Einführung in die Quantenphysik", Brigitte Röthlein)  

Alpha Centauri - 'Ist Schrödingers Katze tot?" 

Auf die Deutung des Experiments und die Diskrepanz zwischen dem gesunden Menschenverstand (der auf alltäglichen Erfahrungen basiert) und den Theorien & Schlussfolgerungen der modernen Naturwissenschaft geht auch Prof. Harald im nachfolgenden Video ein:




Letzte Bearbeitung: Oktober 2021

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